Letzte Busfahrt
Ich bin echt ein grosser Freund von klaren & genauen Ansagen und Fakten, aber damit sieht es in Asien sehr dünn aus. Zeitangaben sollten höchstens als mögliche Richtgrösse verstanden werden.
So in etwa der 24 Stunden Bus nach Hanoi. Der nach meiner Rechnung über 32 Stunden unterwegs war! Hab nicht gedacht, das der Bus erstmal den kompletten Weg nach Vientiane zurück legt. Dann über drei Stunden Wartezeit – kein Akt..was Essen, etwas lesen etc. Dann wieder mit dem Shuttle zum Busterminal (da war ich doch erst vor 2 Tagen), umsteigen und ab in den bunt beleuchteten Sleeper. Der hatte zumindest abgesteckte Einzelplätze, wenn sie auch nicht die bequemsten waren. Und dann erst die 25 Stunden Fahrt nach Hanoi. Dazwischen stand der Bus aber paar Stunden und wartete auf die Öffnung der Grenze nach Vietnam.
Offiziell die längste Busfahrt meines Lebens. Danach hatte ich so schnell kein Bock mehr auf dieses Fortbewegungsmittel.
Hanoi
Die 7 Mio Einwohner von Laos könnten komplett in Hanoi unterkommen – um mal die Verhältnisse zwischen Laos & Vietnam vorab zu klären. Alles etwas hektischer, voller und deutlich motorisierter. Auf die > 6.5 Mio Einwohner Hanois kommen angeblich 5 Mio Motorroller. Gefühlt alle gleichzeitig auf der Strasse. Der Verkehr kennt kaum / keine Regeln und ist eher eine Kampfzone. Stopschilder, Einbahnstraßen und generell Ampeln werden als freundliche Empfehlungen gesehen. Blinker, Rückspiegel oder Schulterblick sind weitgehend unbekannt – dafür wie immer die Huppe. Der Größere – vor allem die Buse & Trucks – bestimmt die Regeln! Welcome to the Jungle Baby!!!
Hanoi selbst hat neben einem schönen und entspannten Altviertel auch den üblichen sozialistischen Sowietschick. Grosse Plätze, die für Militäraufmärsche gedacht sind, Mausoleum und jede Menge Arbeiter & Militär Skulpturen. Dazwischen Cafes, Imbissbuden, coole Cafes & angenehmes Flair. Ich finds immer witzig, wenn Erwachsene auf diesen Kindedstühlen sitzen (ca 20cm Höhe) und Bier trinken. Oder Essen. In der Regel beides.
Honda Win
Die Storries aus Laos hatte ich noch im Kopf – Leute mit den schwarzen Honda Win’s & die Empfehlungen es auch so in Vietnam zu machen. Man könnte ja mal schauen, dachte ich mir. Prompt eins der empfohlenen Läden gefunden – Hanoi Motorcycle – und die Jungs beim chillen erwischt. Grobe Ansage war: Hondas je nach Zustand / Model / Herkunft (Modelle aus China oder Vietnam) zwischen 250$ – 350$. Dazu noch vorab ein Komplettcheck des Motorrads, Gepäckhalter, Kette, Helm, Karten etc. Das klang doch alles richtig interessant. Ich wollte Tag drauf gleich mal mehr wissen.
Nach 4 Probefahrten – min zwei der Karren waren echt Schrott – hatte ich bei der dritten ein gutes Gefühl. Irgendwie lief die runder, kackte auch nicht, wie die anderen, an der Ampel ab. Wir haben uns auf knapp unter 300$ geeinigt und nach der üblichen zwei Stunden Bedenkzeit schlug ich zu. In Saigon würde ich die Karre mit Abschlag wieder verkaufen können. Dazu kommen noch unterwegs die üblichen Maintenance Kosten: Ölwechsel, Kette nachziehen, Bremsen, Checks, kleinere Teile – das hörte ich von paar Leuten raus. Ich rechnete vorsichtig mit ~25% Kosten on top – alles andere wäre blauäugig. Aus einer „man könnte doch mal“ Idee wurde doch sehr schnell Realität. Bedenken hatte ich eher wegen der grossen Städte, unterwegs würde es schon passen dachte ich. Wusste mal wieder garnichts, aber das sollte sich schnell ändern.
Beim Kauf kriegt man eine kleine Karte dazu – Registrierung / Fahrzeugbrief – und das wars. Internationaler Führerschein, sofern vorhanden, wird eh nicht anerkannt. Anders als zb Indonesien sind die Bullen aber nicht auf paar extra Scheine aus. Ich wurde nicht angehalten und habe auch keine Storries von anderen gehört.
Vietnam 1A Highway
Wer quer durchs Land fährt kommt an dem transnationalen 1A Highway kaum vorbei. Einmal quer durchs Land zieht sich diese Strasse / Autobahn; 1700km alleine zwischen Hanoi und Saigon. Man kommt zwar schnell voran, aber das ganze ist nicht grad attraktiv und zum Teil höchst gefährlich. Buse und Tracks machen was sie wollen, der eigentliche Rollerstreifen ganz rechts wird von Fahrädern, stehenden Autos, Händlern und entgegenkommen Rollern versperrt. Gleich am zweiten Tag zeigte mir ein Opa, wie es hier geht: ein „oh ich muss da jetzt schon raus“ und der Arsch zieht von links komplett nach rechts zur Ausfahrt. Nach der Vollbremsung – es fehlten echt keine 20cm – legte es mich am Ende sanft hin. Der Opa fuhr einfach weiter, kein Interesse oder garnicht erst bemerkt. Ich bin eher kein Freund der Huppe, lernte aber schnell dazu!
Es ist auf Dauer anstrengend, weil permanent irgendwelche ‚dafaq‘ Situationen kommen. Es werden hier Stunts abgezogen, die auf keine Kuhhaut gehen. Mehr als 200km pro Tag machen hier echt kein Spaß. Kein Wunder das viele eher die parallel Strasse im Landesinneren bevorzugen.
Halong Bay
Die Bucht mit den vielen Inselchen gehört zu den Top 10 Sehenswürdigkeiten Vietnams. Hätte genau so in Thailand Andamansee – wer die James Bond Insel kennt – stehen können. Cat Ba wurde als Insel empfohlen. Also erstmal aus der Stadt quälen und ca 150km zur Küste heizen. Kühler als gedacht..echt viel kühler. Zwei Fähren, einmal durch die Insel durchrollen und ich war da. Da ich mal wieder in der Vor-, Nach- oder Nebensaison unterwegs bin, buche ich nicht mehr über booking.com. Ich suche mir über die App ein Hotel aus und rolle einfach vorbei – ist immer billiger.
In Cat Ba einen Tagesausflug für 15$ auf dem Boot gebucht. War das Geld wert; etwas von allem dabei: Kayak, Schnorcheln, Schwimmen, Affen, Essen & super Aussicht auf die Inseln und Sonne. Manchmal passt einfach alles. Man hätte auch länger bleiben können, aber die Strasse rief meinen Namen. Der Süden und die Strände schwebten mir vor.
Unterwegs
Auf der Fähre Richtung Festland hatte ich nochmals fantastischen Ausblick auf die Bucht und Halong Stadt. Jetzt galt es erstmal einen Bogen ums hektische Hanoi zu machen. Spätestens beim Ausflug Richtung Inland (Mai Chau) begann ich aufzurüsten. Als erstes lange und warme Socken. Paar Stunden später doch Handschuhe gekauft. Danach ein Regenpancho – keine zwei Tage später rettete mir das Ding den „200km beim Regen“ Tag. Bis auf die Schuhe die komplett nass waren; ein ekehaftes Gefühl. Wettervorschau sagte für mindestens zwei Wochen Regen. Kein Chillen am Strand, kein Tauchen und kein Surfen? Vielleicht dreht es nochmal, dachte ich. Ich kaufte noch eine billige Regenhose dazu und steckte die Schuhe in zwei Plastiktüten. Einen Stylewettbewerb würde ich nicht gewinnen, aber zumindest seltener nasse Schuhe haben.
Cuo Lac / Paradise Cave
Unterwegs tauschen sich die Leute ja auch gut aus. Paradise Cave und ‚unbedingt ins Easy Tiger‘ Hostel gehen. Ok – machen wir. Beides war super – hatte genug Höhlen in Laos gesehen, aber die Paradise Cave ist nochmal eine andere Nummer. 10€ Eintritt sind hier echt angebracht. Das Hostel war auch nicht ohne. Modern, gut ausgestattet, Abends tolle Stimmung bei Live Musik & eine multi Hapy Hour. Echt ein Tipp.
Bis dahin hatte ich mit meinem Hobel ca. 1100km gemacht. Dann fing LingLing – so nenne ich meinen Kracher – zu zicken an. Erst vorlor sie an Power / Gas. Angeblich die Kupplung, aber kein Akt – die Werkstatt gleich daneben hat es wieder über Nacht ohne Probleme gerichtet (20€ – die Preise passen hier; einfache Rollerinspektion in München 120€ aufwärts). Tag drauf flog die Kiste geradezu; ich fuhr die ersten 100km wie entfesselt. Dann begann der Bock zu stottern und blieb keine 50m später stehen. Wollte nicht mehr anspringen. Ich schob also etwas und erblickte 100m weiter eine Werkstatt. Die sind hier eh alle paar km bzw. in jedem Kaff.
Der Meister legte sich meiner Meinung nach zu schnell auf die Verkabelung und den Anlasser fest. Schraubte den kompletten Scheiss auseinander. Immer wieder fuhr er weg um irgend ein Teil zu holen. Aber er kam nicht voran. Gegen 22 Uhr hörte er auf und wir schliefen auf seinem Bett in der Werkstatt ein. Das war schon sehr viel Nähe zu den Einheimischen finde ich! In der Früh gings weiter, aber so auf 11 hatte er es dann. Dieses süsse Geräusch, wenn die Karre nach über 10st werkeln endlich anspringt. Noch etwas hier und da ausbessern und 30€ später konnte ich weiter. Weiss nicht mal was kaputt war aber er sprach ja kein Wort Englisch und mir war es auch egal.
Hue
Dann bis Hue die 150km durchrollen. Die Karre lief super, aber ich war irgendwie vorsichtig und unsicher. Wollte nicht wieder zu übermütig werden. Würde dauern, bis das Vertrauen wieder da war. In Hue selbst wartete wieder der Regen. Eckelhafte Angelegenheit dachte ich. Pancho hielt aber die Hose und Schuhe wurden doch komplett nass.
Die Stadt ist schön, definitiv paar Tage wert. Palast, Tempeln, Pagoden und Essen lassen keine Wünsche offen. Störend sind da eher die ihre Runden drehenden Jungs, die einen permanenten anquatschen. Psst ich hab da was..psst..Marihuana (sind Blätter aus den Bäumen – ein dummer Trick), oder will man zum Tempel XY rüber, etwa ein nettes Mädel, Massage etc. Viel Aufmerksamkeit muss ich sagen – zu viel sogar. In Sachen Scam werden auch die ältesten Tricks raus geholt. Preise sind plötzlich nicht in Dong sondern in Dollar, sogar der Geldscheintrick wurde ausgepackt (man unterstellt man hätte statt zB. 100.000 nur 10.000 gegeben). Was habe ich gelacht..hätte dem Arsch aber eigentlich eine knallen sollen.
Da Nang / Hoian
Ca 100km südlicher wäre Da Nang und der 20km Strand ein netter Ort, aber beim Regen ist alles gleich trostlos. Kurzentschlossen nach Hoian – 25km weg – runter gerollt. Die Stadt ist viel kleiner und angenehmer. Die Altstadt hat ein echt chinesisches Flair und dazwischen jede Menge shopping Möglichkeiten. Überall maßgeschneiderte Sachen, egal ob Taschen, Schuhe, Lederjacken, Anzüge und Mäntel. Alles geht, alles ist möglich, alles kann über Nacht gemacht werden. Preise sind nicht billig, aber zumindest günstig. Lederjacke nach eigenen Vorstellungen & Lederauswahl ca. 150$? Also das geht echt dachte ich und prompt entwarf ich mir eine halbwegs glatte & schlicht Jacke aus braunem Kuhleder zum Biken. War ohnehin 06.12 Nikolaustag und ich war echt …ähm..ein braver Junge. Was sein muss, muss mal sein.
Der Regen
Wie schon in den anderen Asien Länder schien auch hier alles verdreht zu sein in Sachen Wetter. Hätte eigentlich nicht regnen sollen, tat es aber spätestems ab Hue trotzdem. Auf dem Motorrad ist das Ganze echt kein Spass. Trotz Pancho & Regenhose werden die Sachen irgendwann nass. Vor allem für die Schuhe hatte ich keine Lösung parat. So fuhr ich eine Woche lang durchgehend mit nassen Latschen durch die Gegend. Meist noch mit einem Minimum an Sicht durch den beschlagenen Visor.
Nha Trang
Von Hoian nach Nha Trang liegen über 500km und eher kleinere Kaffs. In zwei Tagen beim Regen runter gerollt. Nur um einen durchaus ansehnlichen Badeort zu finden mit einem Haufen Ruskies! Der ganze Ort echt voller Russen??! Ich finde es eher abtörnend wenn ich Schilder auf russisch irgendwo in Asien sehe. Nanja zwei Tage gehen immer, zumal das Hostel zentral lag und ich mit paar netten Jungs etwas um die Häuser ziehen konnte. Und man glaubt es nicht – das Wetter spielte sogar mit.
Tag drauf gings 20km südlicher zum Strand an dem sogar Surfen ging! Boards zwar schweineteuer (8€ pro St) aber das war mal wieder nötig. Ich vergesse immer wie anstrengend es immer am Anfang ist. Nach dem raus paddeln, könnte ich schon kaum die Arme heben. Hat aber Spass gemacht auch wenn es nicht der surf meines Lebens war.
Dalat & Mui Ne
Das Wetter wurde zunehmend großflächig schlechter. Regen überall, kein Ausweichen mehr möglich. Ich wollte trotzdem mein Glück in Dalat versuchen. Es ging also Tag drauf schön im Regen in die Berge. Dalat liegt auf über 1500hm also hiess es den Motor schön im zweiten oder dritten hoch zu quälen. Ich nehme an die Aussicht wäre schön, wenn ich was ausser den Wolken hätte sehen könnten. Schade
Tag drauf das gleiche Wetter, also entschloss ich mit wieder für die Rückfahrt nach Mui Ne als letzte Station vor Saigon. Fehlten nur noch 200km und ich habe es geschafft. 2350km werden es dann sein.
Saigon
Mui Ne wäre eine gute Station für ein paar Tage – aber ohne Regen. Wieder Ruskies, aber auch viele nette Fisch Restaurants, Strand und Wellen. Mit der Restmotivation rollte ich einfach die letzten 200km nach Saigon runter. Grad so in 50/50 Wetter.
Saigon beginnt gefühlt wirklich 40km eher. Man fährt bereits dort in einer Stadt ähnlichen Umgebung, sogar der Verkehr fühlt sich nach einer Megacity an. Ich rollte also die letzte Stunde durchgehend in einer einzigen Rollerlawine in den Stadtkern rein. Wegen der vielen Einbahnstraßen und der 15kmh Geschwindigkeit dauerte es ewig bis ich endlich im Hotel war. 2350km durchgerollt und das Wichtigste – kein Unfall & keine Schäden.
Jetzt noch die Karre im Backpacker Viertel los werden. Leider war Situation etwas schwierig dafür: sehr viele Bikes zum Verkauf und sehr viele Backpacker die am Rand mit ihren Maschinen plus SALE Schild standen. Nicht ganz das, was ich erhofft habe. Stellte mich auch für ein paar Stunden dazu, hatte aber wie immer keine Geduld dafür.
Honda Win Verkauf
Am Ende den leichten Weg gegangen; beim Händler mit mindestens 50$ Abschlag weit unter 200$ wieder los geworden. Das ist leider der Preis für Ungeduld. Gut – jetzt konnte ich ohne Stress die Stadt genießen. Gefühlt war Hanoi irgendwie cooler. Saigon ist größer, moderner aber auch langweiliger. Kommt an Bangkok nicht ran, trotz der guten Strassenküchen. Etwas rum gelaufen, paar Sachen angeschaut, an der Tourimeile Pham Ngu Lao bzw. Bui Vien Strasse abends paar Bierchen getrunken (und versucht die Chicks mit den Massage Flyern zu ignorieren) etc. Zwei max. drei Tage reichen – länger muss man hier nicht sein.
Beim den letzten Saigon Bier & Shisha ging ich die letzten Wochen durch. Alles ging irgendwie so schnell. Fünf Monate vorbei; sechs Länder, vom Strand bis zum Himalaya alles dabei. Gute Zeit und ein gutes Jahr. Jetzt nur noch gut in den Flieger in der Früh!
Fazit und Tipps für Vietnam mit dem Motorrad:
- Mit dem Abschlag beim Verkauf, Benzin & Mechaniker haben mich die drei Wochen auf dem Motorrad etwas über 250 Euro gekostet.
- Das nächste Mal würde ich eher mehr in ein neueres / besseres Motorrad investieren
- Die Honda Wins sind durchaus fahrtüchtig und fähig, aber es gibt auch echt abgerittene Hobeln drunter – unbedingt ausgiebig testen
- Vor allem in Saigon werden die Motorraeder schön angespritzt >> Motorblock in silber, der Rest in schwarz. Praktisch – man sieht den Rost, Risse, Kratzer etc. nicht mehr
- Mechaniker sind in Vietnam überall – kein Dorf ohne, also hat man schnell Hilfe
- Nicht mehr als 200km pro Tag fahren – bei 300km ist man echt müde
- Strassen sind im miesen Zustand & Verkehr kennt kaum Regeln
- Boxenstopps / Mechaniker sind Pflicht: Kette laufend überprüfen & alle 500km neues öl
- Führerschein – sofern vorhanden – gillt in Vietnam eh nicht
- Sich ruhig bemerkbar machen – Huppe nutzen
- Viel Spass
Video
Zum Schluss nochmal das GoPro Video – als visueller Fazit der ganzen Reise